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Steuern Steuern

06-21-2010 , 02:43 AM
Tag zusammen. Habe gerade 3 Stunden in diesem Thread verbracht und es nicht einmal geschafft, die Hälfte der Beiträge zu lesen. Bitte verzeiht es mir also, wenn ich hier ein paar Fragen aufwerfe, die längst beantwortet wurden

1. Wie ist die Rechtslage bezüglich Steuerabgaben aus Pokergewinnen in den USA?
2. Wie sieht es in anderen EU-Ländern aus?
3. Kann jemand Steuerberater/Rechtsanwälte, die Erfahrung in dem Gebiet haben, empfehlen (Raum Hamburg wäre ideal) ?
4. Was ist aus dem Fall "germanWunderkind" geworden? Gibt es aktuelle Rechtsurteile (Links wären klasse) zu dem Thema?
5. Was würdet ihr jemandem empfehlen, der seit ca. 3 Jahren ausschließlich vom Onlinepoker lebt (auch kein Studium o.ä. betreibt) und sich bisher nur oberflächlich mit dem Thema Steuern beschäftigt hat (ein paar Foren durchstöbert etc.)?
Mache mir vor allem auch Gedanken darüber, wie man sich am besten krankenversichert (staatliche Krankenkassen verlangen üblicherweise eine Einkommensangabe) und wie man Wohnungsmiete und größere Ausgaben (Wohnungskauf?) regeln könnte/sollte.

Vielen Dank schonmal im Vorraus, huebi

Last edited by lordhuebi; 06-21-2010 at 02:52 AM.
06-21-2010 , 03:06 AM
Quote:
Originally Posted by McSeafield
Na dann versuche es und kläre die Dinge auf und zwar so, dass sie gerichtsfest sind.
In Bezug auf gerichtsfest muss ich passen, da die Gesetze nun mal so sind. Auf der sachlichen Ebene könnte ich aber sehr wohl einige Dinge widerlegen. Eine der einfachsten Ideen (die übrigens nicht von mir stammt!) - ist die folgende These: bei einem Glücksspiel kann man nicht absichtlich verlieren. Korrekt? Du kannst am Roulettetisch nicht absichtlich schneller verlieren, als der Bankvorteil es Dir vorgibt. Selbstverständlich kannst Du schneller verlieren als Dein Nachbar, Du kannst es aber nicht beeinflussen. Ganz anders verhält es sich beim Pokern - Du kannst beim Pokern sehr wohl absichtlich verlieren. Wenn es also das eine Ende des Spektrums "Gewinn <-> Verlust" gibt, muss es wohl auch ein anderes Ende geben, oder? Sonst würde ja Geld aus dem System ins Nirvana abfließen (und ich rede nicht vom Rake) ... Damit wäre de facto (nicht de jure) - zumindest für mich - klar, dass Pokern sehr wohl Strategie erfordert. Und da Glück (oder Pech) mathematisch nur die Abweichung vom Mittelwert ist, steht außer Frage, dass der Erfolg beim Pokern langfristig (!) "überhaupt nichts" mit Glück oder Pech zu tun hat, weil diese Begriffe langfristig keine Rolle spielen. Man kann sich also lediglich darüber streiten, ob "langfristig" beim Pokern zu langfristig ist, um eine solide "Gewinnerwartung" und damit die Einnahmeabsicht zu rechtfertigen oder nicht.

Quote:
Originally Posted by McSeafield
Solange niemand vor Gericht das Gegenteil beweisen kann, ist Poker Glückspiel.
Zumindest de jure steht das wohl außer Frage.

Quote:
Originally Posted by McSeafield
Ich stehe Poker ganz und gar nicht negativ gegenüber. Ich bin nur für ein sauberes und für ein legalisiertes Pokerspiel, [...]
OK, ich meinte auch nicht, dass Du ein Pokerhasser bist, ich meinte eher, dass Du ganz offenbar nicht daran glaubst (?), dass Poker ein Strategiespiel ist, daher wundert es mich, dass Du soviel Zeit damit verbringst - es sei denn, Du bist ein Glücksspieler - was ja nicht verwerflich wäre, aber auf mich zum Beispiel überhaupt nicht zutrifft.
06-21-2010 , 04:37 AM
Es ist doch egal ob Poker ein Glücksspiel ist oder nicht! Der "Staat" bestimmt wann jemand für eine Tätigkeit, die einen Gewinn einträgt, Steuer zu entrichten hat.

Wer das Spiel nur zum Vergnügen betreibt hat keine Steuerverpflichtung. Wer "spielt" um damit seinen Lebensunterhalt zu finanzieren ist steuerpflichtig. Wo hier die Grenze liegt wird im Einzelfall zu entscheiden sein. Bezieht jemand hauptsächlich seine Einkünfte aus dem Spiel, wird er sicher keine "Liebhaberei" geltend machen können.

Der "Staat" erwartet von seinen Bürgern die korrekte Angabe der Einkünfte. Wer sich korrekt verhalten will soll alle seine Einkünfte dem Finanzamt offenlegen. Dann wird er ja sehen, ob er für sein Spielen Steuer zu entrichten hat.
06-21-2010 , 07:54 AM
Quote:
Originally Posted by K47W11
Der "Staat" erwartet von seinen Bürgern die korrekte Angabe der Einkünfte. Wer sich korrekt verhalten will soll alle seine Einkünfte dem Finanzamt offenlegen. Dann wird er ja sehen, ob er für sein Spielen Steuer zu entrichten hat.
Vollkommen einverstanden - aber darf ich nochmal meine Frage nach der Legalität des Online-Poker stellen? Kann jemand "wahrheitsgemäß" angeben, seinen Lebensunterhalt mit Online-Poker zu bestreiten - ohne im Folgenden strafrechtlich belangt zu werden? Oder gibt er einfach "Pokern" an und lässt damit die Möglichkeit zu, dass das Geld im Casino verdient wird? Was ist dann mit den Kontoauszügen?
06-21-2010 , 10:55 AM
Quote:
Originally Posted by Tackleberry
Eine der einfachsten Ideen (die übrigens nicht von mir stammt!) - ist die folgende These: bei einem Glücksspiel kann man nicht absichtlich verlieren. Korrekt? Du kannst am Roulettetisch nicht absichtlich schneller verlieren, als der Bankvorteil es Dir vorgibt. Selbstverständlich kannst Du schneller verlieren als Dein Nachbar, Du kannst es aber nicht beeinflussen.
Ich gebe auf diese einfachen Ideen nicht sehr viel, weil sie meistens inhaltsleeres Geschwätz beinhalten.

Am Roulettetisch kannst du dich sofort jeglicher Gewinnaussicht berauben, wenn du 36 Zahlen auf einmal setzt und nur eine Zahl nicht abdeckst. Sobald du aber nur 35 Zahlen setzt, gewinnst du kurzfristig relativ sicher einen kleinen Betrag und es kann u.U. sehr lange dauern, bis du in die Verlustzone kommst (sofern du zusätzlich kein Trinkgeld gibst!). Einmal oder zweimal gesetzt und mit hoher Wahrscheinlichkeit gewonnen, ist u.U. mehr als das, was ein guter Pokerspieler in mehreren Stunden harter Arbeit gewinnen kann.

Beim Roulette gibt es sehr wohl vielfältige andere Spielstrategien, bei denen du nur selten verlierst. Wenn du allerdings verlierst, dann ist dein Verlust meistens relativ hoch. In der Regel verlieren auf Dauer alle Spieler beim Roulette. Es gibt allerdings auch beim Roulette Ausnahmeerscheinungen. Auch beim Poker verlieren auf Dauer fast alle Spieler durch den Umstand, dass es ein Rake gibt und auch beim Poker gibt es Ausnahmeerscheinungen.

Quote:
Originally Posted by Tackleberry
Ganz anders verhält es sich beim Pokern - Du kannst beim Pokern sehr wohl absichtlich verlieren. Wenn es also das eine Ende des Spektrums "Gewinn <-> Verlust" gibt, muss es wohl auch ein anderes Ende geben, oder? Sonst würde ja Geld aus dem System ins Nirvana abfließen (und ich rede nicht vom Rake) ... Damit wäre de facto (nicht de jure) - zumindest für mich - klar, dass Pokern sehr wohl Strategie erfordert. Und da Glück (oder Pech) mathematisch nur die Abweichung vom Mittelwert ist, steht außer Frage, dass der Erfolg beim Pokern langfristig (!) "überhaupt nichts" mit Glück oder Pech zu tun hat, weil diese Begriffe langfristig keine Rolle spielen. Man kann sich also lediglich darüber streiten, ob "langfristig" beim Pokern zu langfristig ist, um eine solide "Gewinnerwartung" und damit die Einnahmeabsicht zu rechtfertigen oder nicht.
Ist damit bewiesen, dass du beim Poker zwingend gewinnen musst, weil du absichtlich verlieren kannst?

Umgekehrt betrachtet. Du kannst auch beim Poker unabsichtlich verlieren oder gewinnen, oder? Du wolltest deinem Freund absichtlich ein paar Chips hinüberschieben. Hat leider nicht geklappt, weil du ihn zufällig gerivered hast oder du mit deiner Schrotthand zufällig ein FH gefloppt hast. Und du konntest nicht ernsthaft noch daran glauben, dass du dieses Turnier doch noch gewonnen hast, weil du bereits als einziger short-stack im Turnier so gut wie ausgeschieden warst. Bedeutet das, dass du absichtlich gewinnen kannst, weil du absichtlich verlieren kannst?

Auch langfristig betrachtet ist Poker nichts anderes als ein Zufallsprozess und es gibt einen klar definierten mathematischen Zusammenhang zwischen kurzfristiger und langfristiger Betrachtung. Die Varianz, die bei diesem Poker-Zufallsprozess eine Rolle spielt, ist unbestreitbar etwa 50 bis 100-fach größer als der Gewinn, den sich ein Pokerspieler langfristig erhoffen kann und du kannst diese Varianz langfristig nicht einfach wegreden. Insbesondere kannst du aber nicht voraussagen, ob du beim Poker langfristig betrachtet tatsächlichen einen Gewinn erzielen wirst. Die Erwartung ist unsicher und je länger du spielst umso heftiger macht sich der Rakeeffekt bemerkbar. Die Varianz und die unsichere Erwartung ist immer da. Ich sagte es bereits: Poker ist keine Verpackungsmaschine, die für einen guten Pokerspieler immer die gleiche Menge Gewinn abwirft und niemand weiß, was er langfristig wirklich erwarten kann, weil die Varianz, d.h. der Zufall übermächtig dieses Spiel bestimmt.

"Ich weiß zur Zeit, dass ich seit länger Zeit vorne liege (vielleicht sogar viel gewonnen habe), ob es allerdings so weiter geht, weiß ich nicht wirklich. Es kann genauso gut wieder alles verloren gehen (Auch wenn ich das nicht wirklich glaube, kann es trotzdem so kommen!)." Typisches Beispiel: Gus Hansen. Nie im Traum hat er damit gerechnet, dass er so viel auch wieder verlieren kann. Oder ist er jetzt ein schlechter Pokerspieler, weil er so viel Geld verloren hat?

Wenn du beim Poker vom Rake abstrahierst, dann ist es ein Nullsummen-Spiel. Es muss Gewinner geben, weil es Verlierer gibt und niemand kann tatsächlich beweisen, dass er deshalb verloren hat, weil seine Pokerskills unterdurchschnittlich waren und die Gewinner deshalb gewonnen haben, weil sie die besseren Spieler waren.

"Warum hat mir dieser Scheißkerl in dieser entscheidenden Situation mit seiner Schrotthand A3o gegen meine Premiumhand AKs meinen ganzen Stack abgenommen und ich bin als Bubble-Boy bei diesem wichtigen Turnier ausgeschieden oder habe beim Cash Game wieder einmal meinen ganzen Stack gegen diesen Donk versenkt." Habe ich wirklich einen Fehler gemacht? Sag ihm das, dass er ein Donk ist und er wird es trotzdem nicht wahrhaben wollen. Er hat alles richtig, weil er doch schließlich gewonnen hat und weil er gewonnen hat, hat er offensichtlich alles richtig gemacht. Er ist deshalb ein Held, ein Pokerstar.

Quote:
Originally Posted by Tackleberry
OK, ich meinte auch nicht, dass Du ein Pokerhasser bist, ich meinte eher, dass Du ganz offenbar nicht daran glaubst (?), dass Poker ein Strategiespiel ist, daher wundert es mich, dass Du soviel Zeit damit verbringst - es sei denn, Du bist ein Glücksspieler - was ja nicht verwerflich wäre, aber auf mich zum Beispiel überhaupt nicht zutrifft.
Ich kenne solche Diskussionen aus allen möglichen Perspektiven und habe es auch beim Roulette und Poker immer wieder erlebt, dass sich Spieler auf ihre überlegenen Spielkonzepte imo zuviel eingebildet haben. In Wirklichkeit haben sie den grundlegenden Zufallsprozess nicht wirklich verstanden.

Poker ist natürlich ein Strategiespiel, ich habe das nie bestritten. Alle denkbaren Strategien können aber immer auch von den Gegnern eingesetzt werden und es gibt gegen jede Strategien idR eine Reihe von Gegenstrategien. Genau das macht Poker so interessant. Wer dabei allerdings kurzfristig oder längerfristig gewinnt, hängt weitgehend vom Zufall ab. Was dabei Glückspiel ist und was nicht, ist weitgehend eine Frage, welche Definition wir dabei verwenden.

Machen wir ein Beispiel: Eine gute Strategie lautet beim Poker z.B., man solle gegen Spieler, die postflop zu viel folden, bereits preflop relativ hoch raisen, wenn man Position auf sie hat. Auf deine Karten kommt es dabei nicht unbedingt an, weil die Gegner bei übergroßen postflop Einsätzen zu oft folden werden. Du musst nur etwas Hand-Reading betreiben, um herauszufinden, ob sie eine schwache Hand haben. Das hört sich theoretisch wunderbar an. Eine Reihe von Voraussetzungen sind bereits impliziert, insbesondere doofer Gegner, der eine schwache Hand hat, die man bereits lesen kann und weitgehende Ausschaltung zufälliger Erscheinungen bei Karten, die noch ausgeteilt werden. Praktisch am Pokertisch sieht die Welt dann doch etwas anders aus. Wenn dein Gegner kein Esel ist, dann wird er erstens eine ähnliche Strategie gegen dich verfolgen und er wird sich auf diese Spielweise irgendwann gegen dich einstellen und durch seine schwachen Calls nicht unbedingt verraten, dass er eine starke Hand hat und immer eine sehr starke Hand hat, wenn er plötzlich oder gelegentlich reraist. Die hohe Fold-Equity beim postflop Spiel könnte auch damit zusammenhängen, dass er bereits auf die richtigen Situation lauert, um dir bei diesem Spiel sehr viel Geld abzunehmen. Aufgrund der vielen kleinen Gewinne denkst du zwar, dass dieses Modell dir einen strategischen Vorteil bringt. Tatsächlich kannst du es aber nicht beweisen, ob dieses Spiel auf Dauer tatsächlich Gewinn abwirft. Behaupten lässt sich so etwas immer leicht, aber der empirische stichhaltige Beweis, lässt sich offensichtlich nicht so leicht oder überhaupt nicht zu erbringen. (Ist diese Situation nicht mit den denkbaren Strategien beim Roulette vergleichbar, die kurzfristig relativ sicher Gewinn abwerfen? Oder besteht der tatsächliche Unterschied nur darin, dass sich die Roulettewahrscheinlichkeiten im Unterschied zu Pokerwahrscheinlichkeiten mathematisch besser greifen lassen und wir es beim Poker immer mit unsicheren (nicht greifbaren) Erwartungen zu tun haben?) Jedenfalls lässt sie der reine Zufall auch bei dieser Pokerstrategie nicht einfach abstellen, weil du nie wissen kannst, was dein Gegner im konkreten Fall wirklich hat und welche Karte am Turn kommt, wenn du z.B. deinen 2nd Barrel hineinstellst. Ob diese Strategie also wirklich klappt, hängt weitgehend auch vom Zufall ab. Sie mag kurzfristig (wie beim Roulette) immer wieder kleine Gewinne einbringen, kann sich aber langfristig trotzdem als großer Verlustverursacher herausstellen. Außerdem: Was der eine Spieler aufgrund einer großen Anzahl von Händen als erfolgreiche Pokerstrategie betrachtet, muss

a) bei einem anderen Spieler unter nahezu gleichen oder ähnlichen Bedingungen noch lange nicht zum Gewinn geführt haben (er hat einfach andere Kartenkonstellationen erlebt) und
b) die gleiche Spielweise kann in Zukunft massive Verluste bringen, obwohl sie offensichtlich in der Vergangenheit erfolgreich war.

Vieles was Pokerspieler in diesem Zusammenhang behaupten, ist aus meiner Sicht leeres Geschwätz. Da die Dinge nicht einfach zu verstehen sind, wird es möglicherweise noch etwas dauern, bis ich (oder meine Gesprächspartner) die Wahrheit wirklich verstanden haben. Behaupten lässt sich viel, beweisen ist offensichtlich nicht so einfach und Vorsicht ist bei mir insbesondere bei Glückspielen die Mutter der Porzellankiste. Ich sage das auch deshalb immer wieder, um die unrealistischen Erwartungen, die von vielen jungen Pokerspielern verfolgt werden, auf ein halbwegs realistisches Maß zurückzuschrauben. Wer damit nicht umgehen kann, muss sehen, wie er klar kommt, wenn er wieder einmal broke geht. Die meisten Pokerspieler waren bereits mehrmals in ihrem Leben broke und nicht unbedingt deshalb, weil sie schlechtere Pokerspieler waren. Sie hatten einfach Pech oder den falschen Zeitpunkt erwischt. Auch das ist eine Tatsache, die sich nicht wegleugnen lässt.

Wenn ein erfolgreicher Pokerspieler die Dinge anders betrachtet, dann mag er eine große Ausnahme sein, ein Glückspilz oder was auch immer. Ein Star ist er damit aus meiner Sicht noch lange nicht und ob er immer ein überlegener Pokerspieler sein wird, weiß fast niemand. Spieler vom Typ Doyle Brunson gibt es nicht viele auf dieser Welt und einige erfahrene Pokerspieler haben die Dinge auch in ihren Büchern bereits sehr realistisch beschrieben, so dass ich eigentlich zum Thema "Poker ist Glückspiel" nicht mehr viel hinzufügen, sondern eigentlich nur auf diese Erfahrungen anhand von zahlreichen Beispielen verweisen müsste.
06-21-2010 , 11:05 AM
06-21-2010 , 12:08 PM
Quote:
Originally Posted by K47W11
Es ist doch egal ob Poker ein Glücksspiel ist oder nicht! Der "Staat" bestimmt wann jemand für eine Tätigkeit, die einen Gewinn einträgt, Steuer zu entrichten hat.
Der Staat hat in unserem Land bestimmt, dass Gewinne aus Glückspielen nicht zu versteuern sind, also kommt es entscheidend darauf an, ob ein Pokerspieler ein Glückspiel betreibt. Ja oder nein? Wenn der Pokerspieler ein Glückspiel betreibt (auf den Tatbestand kommt es an!), dann kann der Staat nicht bestimmen, dass dieser Spieler ausnahmsweise Steuern zu bezahlen hat, weil er für alle anderen Glücksspieler bereits bestimmt hat, dass sie keine Steuern bezahlen müssen.

Das ist in Österreich so und das gilt in Deutschland erst recht, solange Deutschland ein Rechtsstaat ist und keine Bananenrepublik.

Last edited by McSeafield; 06-21-2010 at 12:14 PM.
06-21-2010 , 03:11 PM
Quote:
Originally Posted by McSeafield

Das ist in Österreich so und das gilt in Deutschland erst recht, solange Deutschland ein Rechtsstaat ist und keine Bananenrepublik.
Wie ist das denn in Österrreich? Muss man da für Poker offiziell keine Steuern zahlen, egal, ob Profi oder nicht?
06-21-2010 , 03:37 PM
Quote:
Pokergewinne können steuerpflichtig sein

[06.06.2010] - Die Finanzverwaltung hat eine neue Einnahmequelle entdeckt: Pokergewinne. Lesen Sie hier, unter welchen Umständen diese steuerpflichtig sind.

Berufspokerspieler müssen ihre Gewinne versteuern. Darauf weist die OFD Frankfurt in einem koordinierten Ländererlass hin (Verfügung vom 22.4.2010, Az. S – 2240 A – 37 – St 210). Pokergewinne sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn
  • sie berufsmäßig erzielt werden,
  • der Pokerspieler mit Gewinnerzeilungsabsicht handelt,
  • aufgrund des zeitlichen Umfangs, der Höhe der Einsätze und der erzielten Erlöse nicht mehr von einer Freizeitbetätigung ausgegangen werden kann.
Zu den Einkünften zählen dabei nicht nur die Pokergewinne selbst, sondern auch Antritts-, Fernseh- und Werbegelder. Gewinne aus Pokerturnieren sind übrigens auch dann steuerpflichtig, wenn sie bei einem illegalen Pokerturnier erzielt wurden.

Steuertipp:
Müssen Sie Ihre Pokergewinne versteuern? Dann vergessen Sie nicht, Ihre Betriebsausgaben dagegen zu rechnen. Dazu gehören zum Beispiel Antrittsgelder und Reisekosten.


Ist das Pokern unter dem Strich ein Verlustgeschäft, wird das Finanzamt von fehlender Gewinnerzielungsabsicht ausgehen und von einer Besteuerung absehen. Man spricht dann von steuerlicher Liebhaberei.
Quelle: http://www.steuertipps.de/?softlinkID=16365
06-21-2010 , 04:34 PM
Du scheinst eine Freude daran zu haben ...

Poker ist als Glückspiel aus steuerlicher Sicht imo auch keine Liebhaberei. Auch diese Betrachtung wird die Rechtsprechung nach meiner festen Überzeugung noch richtigstellen.

Um eine Liebhaberei zu konstruieren, müsste man bei wirtschaftlicher Betrachtung von einem Leistungsaustausch ausgehen können. Was ist beim Poker meine Leistung und was ist die vereinbarte Gegenleistung?

Bei allen Glückspielen fehlt es am Leistungsaustausch. Folglich spielt es sich die Gewinn- und Verlusterzielung bei Glückspielen in der steuerlich unrelevanten Konsumsphäre ab. Genau wie in Österreich können deshalb in Deutschland Pokergewinne nicht zum steuerbaren Einkommen gerechnet werden.

So bereits RFHE 21, 244 und RFH RStBl. 1928, 181.

Last edited by McSeafield; 06-21-2010 at 04:53 PM.
06-21-2010 , 05:16 PM
Quote:
Originally Posted by McSeafield
Ich gebe auf diese einfachen Ideen nicht sehr viel, weil sie meistens inhaltsleeres Geschwätz beinhalten.
LOL - es ist ja nun relativ einfach, alles in Frage zu stellen, nur, weil es noch nicht empirisch bewiesen wurde bzw. werden kann. Alle Deine Ausführungen könnte man ganz locker widerlegen ... aber ich fürchte, das fällt nicht auf fruchtbaren Boden. Also lasse ich es - auch, wenn sich das überheblich anhört, ist nicht so gemeint.
06-21-2010 , 05:55 PM
Quote:
Originally Posted by Tackleberry
LOL - es ist ja nun relativ einfach, alles in Frage zu stellen, nur, weil es noch nicht empirisch bewiesen wurde bzw. werden kann. Alle Deine Ausführungen könnte man ganz locker widerlegen ... aber ich fürchte, das fällt nicht auf fruchtbaren Boden. Also lasse ich es - auch, wenn sich das überheblich anhört, ist nicht so gemeint.
Ich habe wirklich nichts dagegen, wenn du mit handfesten Beweisen kommst, die der Wahrheitsfindung dienen. Leider fürchte ich, dass du das nicht schaffst und tatsächlich scheint es noch niemand geschafft zu haben, die Gerichte überzeugen zu können, dass Poker ein Skill-Game, also kein Glücksspiel sein soll. Ich befürchte tatsächlich auch, dass es niemand schaffen wird, mich bei dieser Frage zu überzeugen. Alles was ich beim (ordenlichen und sauberen) Poker sehe und fühle, sieht nach Glückspiel aus (auch soweit ich es selbst nicht wahrhaben möchte und den Zufall bei diesem Spiel eliminieren möchte, habe ich noch keinen handfesten Beweise für die gegenteilige Behauptung gefunden, obwohl ich selbst ständig nach solchen Beweisen suche. Zweifel habe ich nur bei bestimmten Techniken beim Internetpoker, soweit man von einem "pokerähnlichen Spiel" reden könnte).

Ist auch gut so. Solange ich überzeugt bin, dass Poker Glücksspiel ist, werde ich gegen eine Besteuerung dieses Spiels kämpfen.

Quote:
Weder die Spieltätigkeit noch der Spieleinsatz stellen Leistungen dar, die durch den Spielgewinn vergütet werden (RFH-Urteil vom 14. März 1928 VI A 783/27, RStBl 1928, 181; Urteil des FG Nürnberg vom 17. Januar 1979 V 121/78, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1979, 339, bestätigt durch BFH-Beschluß vom 29. Juni 1983 VIII R 71/79, nicht veröffentlicht - NV -).
http://www.bfh.simons-moll.de/bfh_1991/XX910333.HTM

... und wenn es am Verhältnis von Leistung und Gegenleistung fehlt, dann können für einen berufsmäßigen Pokerspieler von der Finanzverwaltung auch keine gewerblichen Einkünfte konstruiert werden.

Last edited by McSeafield; 06-21-2010 at 06:18 PM.
06-22-2010 , 05:09 AM
Quote:
Originally Posted by McSeafield
Ich habe wirklich nichts dagegen, wenn du mit handfesten Beweisen kommst, die der Wahrheitsfindung dienen. [...] Ich befürchte tatsächlich auch, dass es niemand schaffen wird, mich bei dieser Frage zu überzeugen. Alles was ich beim (ordenlichen und sauberen) Poker sehe und fühle, sieht nach Glückspiel aus [...]
Ich kann das wirklich nicht nachvollziehen:

Beim Roulette hast Du eine festgelegte Gewinnerwartung (oder besser Verlusterwartung). Unabhängig davon, welche Entscheidung Du triffst, es gibt keine Chance, diese Erwartung zu beeinflussen (das tatsächliche Ergebnis betrachte ich mal als irrelevant) => Glücksspiel.

Beim Pokern kannst Du (abgesehen von den Blindpositionen) jederzeit entscheiden, ob und wieviel Geld Du bereit bist zu investieren. Das gibt Dir die Chance, Dein Geld zu investieren, wenn Du im Vorteil bist und es zu lassen, wenn Du im Nachteil bist. Daraus ergibt sich in Summe eine positive Gewinnerwartung. => Strategiespiel mit Glücksanteil.

Sind wir uns da einig? Ich kann Deine Schwarz-Weiß-Sicht nicht verstehen. Nur, weil es beim Pokern immer noch das Zufallselement gibt, ist das Ganze doch kein "reines" Glücksspiel. Nach Deiner Logik müsste ein Casino auch ein reines Glücksspiel (ohne nachhaltige Gewinnerwartung) betreiben. Ein Casino betreibt einen Roulettetisch mit ca. 3% Gewinnerwartung. Das würde ich vergleichen mit dem Vorteil eines guten Pokerspielers gegenüber einem schwächeren Pokerspieler. Betreibt das Casino deshalb Glücksspiel? Nur, weil es (über einen kurzen Zeitraum) auch mal Verlust machen kann?

Falls wir also darin übereinstimmen, dass ein Casino ein Gewerbe mit nachhaltiger (und realistischer) Gewinnerzielungsabsicht betreibt, verstehe ich nicht, auf Grund welcher Annahme Du Poker als reines Glücksspiel einstufst. Es gäbe für mich eigentlich nur zwei mögliche Gründe:

1) Es gibt keine echten Strategien, mittels derer sich ein Pokerspieler einen Vorteil gegenüber einem anderen verschaffen kann.

und/oder

2) Ein Pokerspieler hat - im Gegensatz zum Casino - nicht die Chance, ausreichend Hände (in seinem Leben) zu spielen, um den geringen Vorteil, den er hat, in eine echte Gewinnerwartung zu verwandeln, daher kann nicht von einer realistischen Gewinnerzielungsabsicht ausgegangen werden.

Trifft eine der beiden Annahmen Deine Sichtweise? Falls nicht, was ist es dann? Das würde es vielleicht einfacher machen, zielgerichtet zu diskutieren, anstattt wahllos irgendwelche Beispiele (oder "inhaltsleeres Geschwätz") abzufeuern.
06-22-2010 , 06:43 AM
Solche Fragen erfordern bei McS dringend Schutzmaßnahmen, damit ihm nicht der Kopf beim Nachdenken platzt!

z.B.:

06-22-2010 , 08:11 AM
Quote:
Originally Posted by Tackleberry
Beim Pokern kannst Du (abgesehen von den Blindpositionen) jederzeit entscheiden, ob und wieviel Geld Du bereit bist zu investieren. Das gibt Dir die Chance, Dein Geld zu investieren, wenn Du im Vorteil bist und es zu lassen, wenn Du im Nachteil bist. Daraus ergibt sich in Summe eine positive Gewinnerwartung. => Strategiespiel mit Glücksanteil.
Wieso sitzen denn nicht alle da, spielen 50 Tische gleichzeitig und warten ausschließlich auf AA um eine 100% sichere positive Gewinnerwartung vorm Flop zu haben? Weil es die Blinds gibt.

Wieso sollte man einfach von den Blindpositionen absehen können, wenn diese doch wesentlicher Bestandteil des Spiels sind??

/edit: will auf keinen Fall deinen ganzen Post in Frage stellen, nur diese Stelle beinhaltet eine mMn. unpassende Annahme.
06-22-2010 , 08:33 AM
Ich denken du missverstehst hier etwas. Gemeint ist, du brauchst beim Poker nur dann (viel) Geld (Chips) setzen, wenn du gute "Karten" hast. Das ist Preflop (abgesehen von den Bilds), am Flop, am Turn und am River möglich. Diese Möglichkeit, und die des Bluffens, nützen gute Spieler zu ihrem Vorteil. Ein solcher Vorteil ist z.B. beim Roulette nicht möglich.
06-22-2010 , 09:52 AM
Ich habe es bereits befürchtet, dass du auf dieser Basis mit mir argumentieren willst. Das klappt tatsächlich nicht so einfach und erfordert mehr Tiefgang.

Quote:
Originally Posted by Tackleberry
Beim Roulette hast Du eine festgelegte Gewinnerwartung (oder besser Verlusterwartung). Unabhängig davon, welche Entscheidung Du triffst, es gibt keine Chance, diese Erwartung zu beeinflussen (das tatsächliche Ergebnis betrachte ich mal als irrelevant) => Glücksspiel.
Ja, Roulette ist im Normalfall in aller Regel reines Glückspiel mit einer negativen Erwartung. Darüber streiten wir nicht. Trotzdem ein paar Überlegungen.

Auch beim Roulette kannst du einen Lauf haben und du kannst genau vorausbestimmen, was du machst, wenn du ihn hast und was du machst, wenn du ihn nicht hast. Im ersten Fall versuchst du z.B. Beispiel mit gewonnen Geld (dem Geld der Bank) relativ risikolos deine Gewinne weiter zu maximieren. Dazu gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die ich z.B. beim Poker vermisse. Im zweiten Fall spielst du vorsichtiger, um deine Verluste zu minimieren. Wenn es nicht läuft, setzt du überhaupt nichts. Du kannst dir auch eine Spielstrategie einfallen lassen, mit der du mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, z.B. W = (1-(19/37)^3) =~ 86% einen weiteren Gewinn von 1 Stück machst (genug um z.B. eine Cash-Game Runde Poker mit 100 oder 200€ buy-in umsonst zu spielen!) und bei der du mit der geringen Restwahrscheinlichkeit z.B. 7 Stücke verlierst usw. Deine Erwartung ist bei allen Satzstrategien unstreitig immer negativ, weil du mit jedem Einsatz, den zu machst, rein rechnerisch exakt 1/37 (bei einfachen Chancen 1/74) deiner Einsätze verlierst. Du hast allerdings immer totale Entscheidungsfreiheit, wie viel du setzt, wann du setzt und auf welche Chancen du setzt. Die W auf einen Gewinn ist immer relativ hoch (z.B. bei einfachen Chancen nahe 50%, bei kombinierten Satzstrategien wesentlich höher) und exakt vorgegeben. Es gibt keine unsicheren Erwartungen wie beim Poker, alles ist exakt berechenbar. Es gibt keine unsichere Erwartung aufgrund unvollkommener Information. Insgesamt gibt es allerdings wesentlich mehr Möglichkeiten und Freiheitsgrade als beim Poker, die dein Spiel bestimmen können und die dich auch in sehr vorteilhafte Situationen bringen können.

(Von Techniken die Experten einsetzen können, sehe ich hier ab).

Quote:
Originally Posted by Tackleberry
Beim Pokern kannst Du (abgesehen von den Blindpositionen) jederzeit entscheiden, ob und wieviel Geld Du bereit bist zu investieren. Das gibt Dir die Chance, Dein Geld zu investieren, wenn Du im Vorteil bist und es zu lassen, wenn Du im Nachteil bist. Daraus ergibt sich in Summe eine positive Gewinnerwartung. => Strategiespiel mit Glücksanteil.
Beim Poker kannst du nicht jederzeit frei entscheiden, ob und wie viel Geld du investierst.
Du kannst schwache Hände folden und mit starken Händen Geld investieren, das ist richtig. Oftmals bekommst du die Einsätze aber in entscheidenden Situationen von deinen Gegner oder durch zufällige Stackverhältnisse aufgezwungen und kannst nicht frei bestimmen, wie viel du setzen willst. Dann hast du es in aller Regel immer mit einer unsicheren Erwartung zu tun, weil du die hole Cards deiner Gegner oder die noch ausstehenden Karten nicht kennst. Du kannst bei solchen Entscheidungen, bei denen du dir einen positiven EV ausrechnest, ein totaler Außenseiter sein, dass Spiel zu gewinnen und du kannst dabei auch total chancenlos sein.

Klassischer Fall: Du hast Asse. Im Normalfall bist du damit haushoher Favorit, das Spiel zu gewinnen. Du solltest also viel Geld setzen, weil du von einem positiven EV ausgehen kannst, den wohl höchsten, den du beim Poker beim Spiel mit einer bestimmten Hand normalerweise erwarten kannst.

Wieder sieht die Praxis jedoch ein wenig komplizierter aus. Wenn du deine Asse spielst, machst du im Schnitt nur einen relativ kleinen Gewinn, wenn du mit deinen Assen hausieren gehst. Du musst sie also irgendwie vor deinen Gegnern verstecken, so dass sie zumindest massive Zweifel haben, ob du wirklich Asse hast. Die Techniken, die dazu eingesetzt werden, kennt fast jeder Pokerspieler, soweit er nicht ganz doof oder unerfahren ist.

Wenn du preflop viel Geld setzt, dann gewinnst du im Regelfall also nicht viel, weil deine Gegner zu oft folden werden und du weißt nie, wie viel du gewinnen kannst, wenn du anders reagierst. Alles in diesem Bereich ist reine Spekulation. Der EV, den du dir theoretisch berechen kannst, ist von unsicheren Erwartungen geprägt. Nur dann wenn ein Gegner nicht foldet und er zufällig eine starke Hand hat, die du auf den späteren Einsatzrunden gerade noch schlagen kannst, und die effektiven Stacks zufällig hoch sind, gewinnst du viel Geld. Häufiger ist es allerdings auch so, dass deine Gegner am Flop folden, wenn sie nichts haben. Dann gewinnst du einen sehr kleinen oder unbedeutenden Pot. Deine Gegner haben zufällig keine spielbare Hand, wenn du zufällig deine Asse hast.

Der Kehrseite der Medaille ist, dass du oft mit deinen Assen auch riesige Pots - sogar serienweise – verlieren kannst, weil du deine Hand aufgrund der vorgegebenen Handstärke überbewertest und deine Gegner durch den Zufall, der beim Poker immer eine Rolle spielt, halt eben auf große und stärkere Hände am Board treffen (die üblichen Fälle: Two-Pair, Sets bzw. Trips, Straight, Flush, Full-House oder sogar Quads). So geschickt du auch sein magst, gegen den Zufall kannst du im Zweifel gar nichts ausrichten, wenn z.B. auf dem Board A77 liegt und dein Gegner zufällig zwei weitere Siebener hat und diese relativ schlau spielt. All deine Chips wandern dann ziemlich sicher in den Pot und er wird hoch gewinnen und du sehr viel verlieren, egal wie du dabei spielst.

Selbst beim Spiel mit Assen kannst du so betrachtet über eine längere Zeit also einen größeren Verlust einfahren und es kann u.U. sehr lange dauern, bis du einen solchen Verlust wieder ausgeglichen hast. Möglicherweise gehst du auch genau deshalb und aufgrund weiterer zufälliger Erscheinungen beim Spiel mit Assen broke und bist aufgrund deiner finanziellen Situation unfähig, dein Pokerspiel fortzusetzen. Ich denke das ist bereits sehr vielen Pokerspielern so oder so ähnlich ergangen.

Wenn du also allein das Spiel mit Assen als Glückspiel betrachten musst, dann gibt es für mich keinen ersichtlichen Grund, warum ich das gesamte Pokerspiel nicht als Glückspiel betrachten sollte.

Was bei solchen naiven Betrachtungen aber zusätzlich noch gerne übersehen wird, ist, dass deine vielen Gegner (abhängig von der Anzahl der Gegner im Spiel) wesentlich öfter Asse gegen dich haben, als du Asse gegen sie haben kannst. Offensichtlich ist das also kein ausreichender Beweis, dass Poker kein Glückspiel sein soll, weil es bestimmte Hände geben mag, mit denen du dir einen positiven EV ausrechnen kannst. Deine Gegner sind rein rechnerisch genau so oft in einer vorteilhaften Situation wie du, wenn sie bereit sind, Geld zu setzen und du weißt nie wirklich, ob du in einer solchen Situationen vorne bist oder bereits hinten liegst, wenn du eine solche Entscheidung fällst, weil du die Karten der Gegner und die Karten, die am Bord zufällig kommen, nie kennst. Wenn du unsicher bist und zufällig keine gute Hand hast, dann foldest du (wesentlich eher, als du das beim Spiel mit Assen kannst). Du hast dich so vor einem großen Verlust bewahrt. Manchmal war dein Fold allerdings auch ein großer Fehler und manchmal bist du aber fast sicher, dass du deine Hand gewinnen wirst und riskierst deinen ganzen Stack, um dann festzustellen, dass dein Gegner dich wieder durch glückliche Umstände, die du nicht erahnen konntest, ausgespielt hat. Natürlich passiert das auch umgekehrt zu deinen Gunsten. Ich will die Dinge nicht nur negativ betrachten.

Alle diese Aspekte sehe ich. Die Argumentationsketten reißen auch nicht ab, wenn dieses Thema ernsthaft diskutiert wird. Ich kenne die meisten dieser Betrachtungen, die für ein Skillgame sprechen könnten, aber wirklich handfeste Beweise, die mich überzeugen, habe ich trotzdem noch nirgendwo gelesen und ich habe zu diesem Thema bereits sehr viel gelesen.

Der einzige Aspekt, den ich auch in diesem Forum bereits akzeptiert habe, ist die theoretische Betrachtung, dass du wohl dann gewinnen solltest, wenn es dir gelingt, dauerhaft gegen relativ schwache Gegner Poker zu spielen, die erkennbar schlechter spielen als du. Du hast dann aus deiner Sicht theoretisch eine Edge, die aber auch vom Kartenglück abhängig, zum Bumerang werden kann. Beim Live-Game ist eine solche Edge nur sporadisch möglich, weil du dir die Gegner oft nicht aussuchen kannst. Im Internet können dir Software-Tools bei der Table-Selection helfen, um solche vorteilhaften Situationen zu finden. (Ich verwende solche Tools nicht, weil ich sie als unfaire Hilfsmittel betrachte).

Ob das für dauerhafte Gewinne ausreicht, ist nicht oder schwer beweisbar und selbst wenn ein solcher Beweis gelingen könnte, ist immer noch unklar, welche Glückspiel-Definition herangezogen wird. Kommt es z.B. auf die Sichtweise des Durchschnittspielers oder auf die Sichtweise des winning-players an?

Quote:
Originally Posted by Tackleberry
Sind wir uns da einig?

1. Es gibt keine echten Strategien, mittels derer sich ein Pokerspieler einen Vorteil gegenüber einem anderen verschaffen kann.
Es gibt keine Strategien, die dein Gegner nicht auch einsetzen könnte und zu jeder Strategie gibt es Gegenstrategien, die deine Gegner ebenfalls einsetzen können. Was beim Einsatz von bestimmten Strategien herauskommt, ist weitgehend vom Zufall und den jeweiligen Karten-, Gegner- und Stackkonstellationen abhängig und schwer berechenbar. Aus dem Bereich der Bot-Programmierer, die sich wissenschaftlich an Universitäten mit diesen Problemen und der Spieltheorie beschäftigen, ist es nach meinem Wissensstand noch niemand gelungen, eine Poker-Strategie zu definieren, die sich nachhaltig als überlegen herausgestellt hat. Ich kenne jedenfalls keine und halte es auch für sehr unwahrscheinlich, dass ein Beweis jemals mit stichhaltiger Begründung gefunden werden kann, der wissenschaftlichen Ansprüchen genügt.

Quote:
Originally Posted by Tackleberry
und/oder

2) Ein Pokerspieler hat - im Gegensatz zum Casino - nicht die Chance, ausreichend Hände (in seinem Leben) zu spielen, um den geringen Vorteil, den er hat, in eine echte Gewinnerwartung zu verwandeln, daher kann nicht von einer realistischen Gewinnerzielungsabsicht ausgegangen werden.
Ich habe gestern für etwa eine Stunde lang zwei Pokerspieler beobachtet. Sie spielten 0.25-0.50€ NLH heads-up und waren wohl die beiden Spieler, die am short-handed Tisch zuvor etwas Geld gewonnen haben. Beide hatten am Anfang meiner Beobachtung 65€ als Stack. Das Spiel war ziemlich ausgeglichen und die Stack-Verhältnisse änderten sich durch zufällige Erscheinungen laufend, aber geringfügig, weil die Pots meisten relativ niedrig waren. Am Ende meiner Beobachtung, nach etwa einer Stunde Spieldauer, hatte der eine Spieler etwa 70€ (Gewinn 5€) und der andere Spieler nur noch 50€ (Verlust 15€). Das Casino hat in einer Stunde also 10€ Rake abkassiert (10/130 vom Gesamt-Stack beider Spieler) und ich bezweifele stark, dass der eine Spieler deshalb gewonnen hat, weil er einen geringen strategischen Vorteil gegenüber den anderen Spieler hatte. Mein Eindruck war eher, dass der Spieler, der zufällig verloren hat, der bessere Spieler war und der Ausgang des Spiels allein vom Zufall bestimmt war.

Beide Spieler haben im Verlauf von etwa einer Stunde pro Nase rund 5€ an das Casino an Rake verloren (5/65 ihres Stacks zu Beginn der Session). Es ist schwer diesen Rake-Effekt beim Poker genau zu greifen, weil er ebenfalls weitgehend vom Zufall (den zufälligen Potgrößen) bestimmt ist. Aber er ist da und er hat in etwa die gleiche Qualität wie der Zero-Effekt, der dich beim Roulette erwartet und den du zurecht als Begründung dafür nimmst, dass Roulette ein Glückspiel ist.
06-22-2010 , 11:07 AM
Quote:
Originally Posted by K47W11
Ich denken du missverstehst hier etwas. Gemeint ist, du brauchst beim Poker nur dann (viel) Geld (Chips) setzen, wenn du gute "Karten" hast. Das ist Preflop (abgesehen von den Bilds), am Flop, am Turn und am River möglich. Diese Möglichkeit, und die des Bluffens, nützen gute Spieler zu ihrem Vorteil. Ein solcher Vorteil ist z.B. beim Roulette nicht möglich.
Versuche, die Theorie zu beweisen, dass ein sog. Multi-Street Bluff einen positiven EV hat, wenn du KQs hast, aber am Board absolut nichts getroffen hast.

Versuche zu beweisen, dass eine bestimmte Value-Bet am River eine positve Gewinnerwartung hat, wenn du die unschlagbaren Nuts hast. Genauso oft, wie du die Nuts am River haben kannst, können es deine Gegner haben und jede Karten-Konstellation, die du dir ausdenkst, können rein rechnerisch deine Gegner tatsächlich wesentlich öfter gegen dich haben, als du sie gegen deine Gegner haben kannst (weil irgendeiner deiner vielen Gegner fast immer etwas hat).

All diese Vorteile gegenüber Roulette sind nur scheinbare Vorteile. Der große Vorteil beim Roulette ist, dass man immer ziemlich genau weiß, woran man ist und Roulette keine Art Blinde-Kuh-Spiel darstellt.

Last edited by McSeafield; 06-22-2010 at 11:25 AM.
06-22-2010 , 12:47 PM
Betrachte mal die Situation der beiden Heads-Up Helden. Beide waren bereit, 65€ zu verlieren und beide hatten im Grunde nur etwa eine 50% Chance, dem anderen Spieler, den ganzen Stack abzunehmen. Beide wußten, dass sie bei diesem Duell Rake verlieren, hatten also für dieses Duell einen Erwartungswert, der deutlich unter 50% lag.

Vergleichen wir diese Situatation mit einem Roulettespieler, der mit einer einfachen Strategie auf Einfachen Chancen spielt. Sein Kapital 55€, insgesamt 11 Stücke á 5€. Staffelung: 5€, 15€ und 35€. Zielsetzung, den Stack zu verdoppeln. Wenn dieses Ziel erreicht ist, ist das Spiel beendet. Das kann man beim Roulette in etwas weniger als einer halben Stunde schaffen.

Es kommt folgende Beispiels-Permanenz:

Code:
P   Einsatz   Stand

R      +5€       5€
S      -5€       0€
S     +10€      10€
S      +5€      15€
S      +5€      20€
R      -5€      15€
S     -10€       5€
S     +35€      40€
R      -5€      35€
R     +10€      45€
R      +5€      50€
S      -5€      45€
R     -10€      35€
R     +35€      70€
In insgesamt 14 Spielen 70€ gewonnen. Durchschnittlicher Gewinn pro Spiel 5€. Verlustchance, den ganzen Stack zu verlieren etwa 14%.
06-22-2010 , 12:58 PM
Quote:
Originally Posted by McSeafield
Versuche, die Theorie zu beweisen, dass ein sog. Multi-Street Bluff einen positiven EV hat, wenn du KQs hast, aber am Board absolut nichts getroffen hast.

Versuche zu beweisen, dass eine bestimmte Value-Bet am River eine positve Gewinnerwartung hat, wenn du die unschlagbaren Nuts hast. Genauso oft, wie du die Nuts am River haben kannst, können es deine Gegner haben und jede Karten-Konstellation, die du dir ausdenkst, können rein rechnerisch deine Gegner tatsächlich wesentlich öfter gegen dich haben, als du sie gegen deine Gegner haben kannst (weil irgendeiner deiner vielen Gegner fast immer etwas hat).

All diese Vorteile gegenüber Roulette sind nur scheinbare Vorteile. Der große Vorteil beim Roulette ist, dass man immer ziemlich genau weiß, woran man ist und Roulette keine Art Blinde-Kuh-Spiel darstellt.
also ich klick ja den thread immer nur so durch und frage mich
1. wer hat soviel zeit immer solche episch langen posts hier zu machen und
2. wieso?!

aber dieser post jetzt, da musste ich schon sehr lachen. danke dafür, mcs!!!
06-22-2010 , 01:15 PM
Quote:
Originally Posted by McSeafield
Betrachte mal die Situation der beiden Heads-Up Helden. Beide waren bereit, 65€ zu verlieren und beide hatten im Grunde nur etwa eine 50% Chance, dem anderen Spieler, den ganzen Stack abzunehmen. Beide wußten, dass sie bei diesem Duell Rake verlieren, hatten also für dieses Duell einen Erwartungswert, der deutlich unter 50% lag.

Vergleichen wir diese Situatation mit einem Roulettespieler, der mit einer einfachen Strategie auf Einfachen Chancen spielt. Sein Kapital 55€, insgesamt 11 Stücke á 5€. Staffelung: 5€, 15€ und 35€. Zielsetzung, den Stack zu verdoppeln. Wenn dieses Ziel erreicht ist, ist das Spiel beendet. Das kann man beim Roulette in etwas weniger als einer halben Stunde schaffen.

Es kommt folgende Beispiels-Permanenz:

Code:
P   Einsatz   Stand

R      +5€       5€
S      -5€       0€
S     +10€      10€
S      +5€      15€
S      +5€      20€
R      -5€      15€
S     -10€       5€
S     +35€      40€
R      -5€      35€
R     +10€      45€
R      +5€      50€
S      -5€      45€
R     -10€      35€
R     +35€      70€
In insgesamt 14 Spielen 70€ gewonnen. Durchschnittlicher Gewinn pro Spiel 5€. Verlustchance, den ganzen Stack zu verlieren etwa 14%.
Das funktioniert wahrscheinlich, wenn jemand einmal im Leben Roulette spielt.

Hier hast du ein Programm [Roulette-O-Mat] mit dem du dein System testen kannst. Teile mir dann das Ergebnis nach einigen tausend Händen mit.
06-22-2010 , 01:22 PM
Ich habe nie behauptet, das man beim Roulette gewinnen kann. Ich habe allerdings auch nie behauptet, dass man beim Heads-Up Poker auf Dauer gewinnen kann.

Für mich ist die Situation der Heads-Up Pokerspieler aufgrund der Rakesituation allerdings schlechter, als die Situation eines Roulettespielers auf einfachen Chancen. Der Roulettespieler hat auch mehr Möglichkeiten, dass Spiel mit geschickter Satzstrategie stets nach seinen Vorstellungen zu bestimmen und muss nicht warten, bis sein Gegner endlich eine Hand hat, mit der er bereit ist, sind Geld in Pot zu stellen.

Oha. Du hast deine Kings slow gespielt, damit er endlich dazu bereit ist. Leider hat er genau deshalb seine Straight getroffen und du hast deinen ganzen Stack versenkt. Naja, beim nächsten Mal läuft es dann hoffentlich genau umgekehrt. Schön, dass man beim Poker fast nichts beweisen kann. Deshalb gibt es auch so viele Märchen, die gerne erzählt werden.

Last edited by McSeafield; 06-22-2010 at 01:47 PM.
06-22-2010 , 02:25 PM
Ich bin dann mal weg ... schade um die zehn Minuten, die ich mir genommen hatte, in dem Versuch, ernsthaft zu argumentieren. Vielleicht hätte ich mir Deine anderen Posts vorher durchlesen sollen - insbesondere Deine strategischen Ausführungen zu einigen Beispielhänden, da klärt sich für mich einiges auf. Viel Spaß noch!

      
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