Ich finde hier einige Überlegungen, insb. auch von chepoker, sehr vernünftig. Zur letzten Frage von Madd:
Auch wenn Online-Poker verboten ist, kann man zu einer Besteuerung nur gelangen, wenn jemand nachweisbar "berufsmäßig" oder "gewerbsmäßig" Gewinne gemacht hat und er echt langfristig davon ausgehen kann, dass es sich hier nicht nur um Zufallstreffer handelt. Ich denke, auch ein Möchtegern-Berufsspieler (das dürften die meisten der sog. Berufsspieler sein) mit kurzfristigen Gewinnen, hat nichts zu befürchten. Die überschaubare Rechtsprechung der Finanzgerichte verstehe ich im übrigen so, dass hier eine bestimmte Sorte von Berufsspielern (möglicherweise auch Trickbetrüger) in Hinterzimmer einer Gastwirtschaft erwischt wurden, die wohl sehr langfristig und beträchtlich irgendwelche Opfer abgezockt haben. Wahrscheinlich hat dann ein solches Opfer eine Strafanzeige gestellt. Die Polizei hat das verbotenes Glückspiel ausgehoben und die Staatsanwaltschaft musste sich dann mit dem Thema verbotenes Glückspiel beschäftigen. Sicherlich wurde in in einigen dieser Fälle, soweit es auch um nennenswerte Summen ging, dann auch die zuständige Steuerfahndung informiert. So ähnlich betrachte ich diese Fälle, die bisher von den Finanzgerichten entschieden wurden. Ich habe diese Urteile nicht (aber teilweise den Tenor bzw. nur die Kommentierung) gelesen, weil ich mir sicher bin, dass es nicht viel anders sein kann. Wenn ich Zweifel hätte, dann hätte ich mir die Urteile schon längst besorgt und sie dezitiert auseinandergelegt. Ich fühle mich aber schon deshalb nicht angesprochen, weil ich kein Berufsspieler bin, weil ich davon überzeugt bin, dass die meisten der Poster hier in diesem Forum auch keine Berufsspieler sind (einen Studenten, der sich gleichzeitig noch um sein Studium kümmert, kann man jedenfalls schlecht als Berufsspieler einordnen, nur weil er versucht, Online etwas zum kargen Lebensunterhalt dazu zu gewinnen), und weil ich davon überzeugt bin, dass ich nichts Verbotenes tue. Außerdem habe ich auch wirkliche Zweifel, ob ich (oder ein beliebiger anderer Pokerspieler) langfristig ein Gewinner beim Poker (besser formuliert ein besteuerungswürdiger Großgewinner) sein kann. Ich denke über unbedeutende Kleingewinne sollten wir hier nicht weiter reden, weil das Risiko eines Verlustes beim Poker tatsächlich nicht unter den Tisch gekehrt werden kann.
Aufgrund der Rechtsprechung verbleibt eine bestimmte Unsicherheit für Berufsspieler bzw. gewerbsmäßige Pokerspieler, bzw. bei der Abgrenzung, wer Berufsspieler ist und wer nicht. Ich denke die Abgrenzung ist sehr schwer. Mit Sicherheit wollten die Finanzgerichte keinen sog. Möchtegern-Berufsspieler steuerlich erfassen, der sich über die tatsächlichen Chancen oder das Risiko seiner Poker-Bemühungen nicht wirklich 100%ig im klaren ist und sich tatsächlich nachhaltig als Verlierer herausstellt. Ich denke, die Finanzgerichte hatten eher den Trickbetrüger im Auge, der notwendigerweise immer gewinnen wird, sofern er nicht erwischt wird. An dieser Stelle bekommen imho meine Argumente Gewicht. Wie betrachtet das Finanzamt einen Fall, wenn ein Aussteiger aus dem Berufsleben oder ein reiner Zocker Poker spielt, wenn dieser Pokerspieler strikt behauptet, "mit Poker kann man langfristig nicht gewinnen. Ich mach das nur, weil ich mein Glück versuche und eine winzig kleine Chance sehe, dass ich vielleicht doch Glück habe. Mir ist klar, welches Risiko ich beim Poker eingehe, aber ich habe mit meinem Berufsleben abgeschlossen, für mich ist Poker ein Zeitvertreib und ein Hobby, weil ich keine andere sinnvolle Beschäftigung sehe und ich mit dem Berufsleben abgeschlossen habe." Kann man einen solchen Fall, der sich zwar faktisch wie ein Berufsspieler darstellt, aber aufgrund der Darstellung wohl kaum eine auf Gewinnerzielung ausgerichtete Tätigkeit sein kann, der Besteuerung unterwerfen. Wenn man das tut, müßte man eine große Anzahl von Roulettespielern, mit genau der gleichen Begründung der Besteuerung unterwerfen. Der Unterschied wäre dann nur, dass beim Roulette faktisch mit 100% Sicherheit bewiesen ist, dass niemand langfristig Gewinner sein kann und beim Poker verbleibt ein bestimmter Restzweifel. Mit Sicherheit kann es keinen berufsmäßigen Roulettegewinner mit langfristigen Gewinnen geben. Ich behaupte, mit Sicherheit kann es auch beim Poker nur sehr sehr wenige langfristige Gewinner geben. Der Anteil der langfristigen Gewinner ist so gering und nicht greifbar, so dass viel für eine Gleichbehandlung dieser Fälle spricht, sofern nicht ausnahmsweise ganz besondere Verhältnisse vorliegen.
Für Leute die nach diesen wohlgemeinten Anmerkungen immer noch Angst haben: Das Finanzamt muss euch alles beweisen. Es muß beweisen, dass ihr ein Berufsspieler seit, dass ihr eueren Lebensunterhalt langfristig nur mit Poker verdient habt (d.h. dass euch keine Oma oder sonstwer etwas geschenkt oder geliehen hat), es muss beweisen, dass ihr hoch und nachhaltig gewonnen habt usw. Zählt mal bis drei und überlegt, was ihr alles unternehmen könnt, damit euch niemand etwas nachweisen kann (ihr könnt auch leicht mal euere gesamte Bankroll verlieren, wenn ihr zuviel gewonnen habt - wie das geht, muss ich hier hoffentlich nicht detailliert beschreiben). Leute mit krimineller Energie, die es in unserem Lande auch viele gibt (selbst unter angeblich seriösen Managern, die nicht oder eine andere Sorte von Poker spielen), lassen alle Unterlagen verschwinden, nehmen sich einen Rechtsanwalt und halten im übrigen die Klappe. Dann geht es auch im Fianzgericht ähnlich zu, wie in einem Strafprozess. Die Leute, die vor so einem Procedure immer noch Angst haben, sollten ernsthaft überlegen, nach Mallorca oder sonst wohin auszuwandern bzw. irgendwie in Deutschland längerfristig von der Bildfläche zu verschwinden - sie sollten es sich leisten können, wenn sie bereits viel gewonnen haben. Auch eine längere Studienreise oder Weltreise kann oft helfen, die größen Probleme zu vermeiden. Wahrscheinlich gibt es bereits einige solcher Pokerspieler, die Deutschland aus diesem Grunde verlassen haben. Solche Leute liegen irgendwo am Strand und lachen uns aus, wenn sie etwas über unsere Ängste lesen.
Das Risiko für den Nachweis einer Steuerhinterziehung sehe ich aufgrund des nicht zu übersehenden "Verbotsirrtum" als sehr gering an, soweit kein wirklich eklatanter Vorgang zu beurteilen ist. Im übrigen ist das Risiko einer Bestrafung wegen verbotenem Online-Pokerspiel wohl auf eine geringe Ordnungsstrafe begrenzt, falls unser Staat hier wirklich ernsthaft durchgreifen sollte. Bislang haben wir imho noch nichts zu befürchten, zumal unser Staat auch die aus meiner Sicht bedenkliche Werbung der sog. Pokerschulen bislang noch nicht verfolgt.
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Ich möchte nicht von dem vorstehend interessanten Thema ablenken. Deshalb der vorstehende Strich, weil ich offtopic noch etwa nachtragen möchte, um meine Argumentationskette abzurunden:
Wir wissen mit absoluter Sicherheit, dass die Größe
x = (m - μ) * sqrt(N) / SD
eine normalverteilte Größe nach der normierten Normalverteilung N(0,1) ist, wenn wir unterstellen, dass auch μ normalverteilt ist.
Folglich kann man auch die Wahrscheinlichkeit für jedes x mit 1 - Φ(x) berechnen, in dem man die Werte von x einfach aus der Tabelle der normierten Normalverteilung N(0,1) abliest.
Für m = μ ergibt sich z.B.:
Wahrscheinlichkeit (m = y) --> x = 0 --> 1 - Φ(0) = 50%. Wir befinden wir uns hier genau im Mittelpunkt der Normalverteilungskurve N(μ, SD^2/n).
Bei einer Sample von N = 10.000 mit einer SD von 4BB/hand, einem Stichprobenergebnis von m = 0,00 und μ = -0,02 ergibt sich:
Wahrscheinlichkeit (Verlust <= 0) --> x = (0 - -0,02) * sqrt(10.000) / 4 = 0,5 --> 1 - Φ(0,5) = ca. 31%
und für m = 0,05, d.h. 5BB/100h ergibt sich:
Wahrscheinlichkeit (m = 0,05) --> x = (0,05 - - 0,02) * sqrt(10.000) / 4 = 1,75 --> 1 - Φ(1,75) = ca. 4,01%
Wie groß ist nun die Wahrscheinlichkeit, dass jemand unter dieser Betrachtung nach einer Stichprobe von 1.065.024 Pokerhänden keinen Verlust erleidet.
Wahrscheinlichkeit (Verlust <=0) --> x = (0 - -0,02) * sqrt(1.065.024) / 4 = 5,16 --> 1 - Φ(5,16) = ca. 0,00000%
Noch halbwegs mit Wahrscheinlichkeitsbegriffen wäre für uns eine win rate von etwa m = -0,256BB/100h nach 1.065.024 Händen begreifbar. Bei der Berechnung mit dieser Größe erhalten wir x = 4,5. Das entspricht etwa dem z-Score-Faktor 4,5, den wir bei Wahrscheinlichkeitsberechnungen mit unserem Gehirn gerade noch begreifen können. Die gesuchte Wahrscheinlichkeit dafür beträgt aber ebenfalls nahezu 0%.
Ihr müsst das Finanzamt nur überzeugen, dass μ etwa -0,02 beträgt, die Gewinne aller Pokerspieler normalverteilt sind und ihr selbst aufgrund dieser Betrachtung beim Poker nie eine ersthafte Gewinnerzielungsabsicht verfolgt habt. Dann kommt Ihr genau zu diesem Ergebnis, das das Finanzamt nicht einfach vom Tisch wischen kann (zumindest wenn andere Beweise fehlen). Im übrigen könnt ihr die Berechnung aber auch für andere Zwecke nutzen, weil ihr in die o.a. Formel jedes beliebige μ einsetzen könnt. Das gleiche funktioniert entsprechend für SNG-Games, sobald ihr μ und SD kennt und mit m ein Stichprobenergebnis habt.
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