Scheinbar passen bestimmten Leuten meine Aussagen nicht ins Konzept. Deshalb muss ich mich so oft wiederholen.
Ein Signifikanz-Test hat zum Ziel, festzustellen, ob der auf Grund einer Stichprobe ermittelte Wert m mit dem hypothetischen Wert μo verträglich ist oder nicht, d.h. ob der Unterschied zwischen m und μo signifikant ist oder nicht. Es gibt in der ganzen Wahrscheinlichkeitsmathematik kein Tool, das für die hier interessierenden Fragen über die wahre win rate beim Pokerspiel einen besseren Ansatz liefert. Die Fehler (erster und zweiter Art), die bei der Interpretation solcher Signifikanz-Tests beachtlich sind, sind allen Insidern bestens bekannt und im Net insb. bei
wikipedia problemlos nachlesbar. Das ist und war aber bisher kein Thema unserer Unterhaltung, sonst hätte ich es bereits ausführlich getan und bestimmte Anmerkungen, die oben gemacht wurden, wären damit überflüssig.
Ganz offensichtlich geht es hier aber um viel trivialere Verständnisprobleme und insb. um folgende Feststellungen. Nach einer relativ kurzen Stichprobe von ca. 10.000 Pokerhänden (bei der im Regelfall nur etwa 2.000 bis 3.000 Hände tatsächlich gespielt wurden) sind im Regelfall für den Durchschnittsspieler noch keine signifikante Abweichungen erkennbar, d.h. der Spieler mit einer Stichprobe von m = 0,05 kann sich noch nicht sicher sein, dass er kein Durchschnittspieler ist. Das ist die sichere Erkenntnis nach einem Signifikanztest mit einer Stichprobe von 10.000 Pokerhänden. Stattdessen muss ein Pokerspieler in einem solchen Fall davon ausgehen, dass er nichts anderes als einen unbedeutenden varianzbedingten Gewinn von 500BB erzielt hat. (Auch beim Roulette sind solche varianzbedingten Gewinne leicht möglich - damit ist also noch nichts bewiesen). Die Stichprobe muss also deutlich erhöht werden. Eine 10-fache Genauigkeit setzt immer etwa 100-fachen Stichprobenumfang voraus, weil die SD im Verhältnis Wurzel(n) umgekehrt proportional zum Stichprobenumfang ist.
Die weitere Folgerung, eine Ableitung, die eigentlich nichts mit dem Signifikanztest zu tun hat - stattdessen aber mit Logik - ist folgende: Der Durchschnittsspieler wird auf alle Fälle aufgrund der Rakebetrachtung auf Dauer beim Poker verlieren und auch der gute Spieler hat nur dann eine marginale Chance, wenn es ihn gelingt, den Rakeeffekt langfristig zu egalisieren. (Sklansky umgeht eine Auseinandersetzung mit diesem Problem, weil er es mit dem Thema "table selection" einfach umschifft - "Don't sit in a game with an insufficient hourly rate projection" - vgl. TOP Kapitel 2 letzter Absatz. Eine elegante Art, ein Problem zu beseitigen. Leider durchzieht dieses Problem sein gesamtes Werk, weil es an allen Stellen implizit vorausgesetzt ist). Grundsätzlich kann es nur dann gelingen, beim Poker langfristig Gewinner zu sein, wenn es einen Spieler gelingt, überwiegend gegen schlechtere Spieler zu spielen und damit dauerhaft bessere Entscheidungen als die Gegner zu fällen. Der durchschnittliche Pokerspieler hat sonst genau wie der Roulettespieler keine Chance, dem Verlust zu entweichen. Es ist nur eine Frage, wie groß der Stichprobenumfang sein muß, bis auch der letzte Durchschnittsspieler zum Verlierer wird. Welche Zukunft ein Durchschnittsspieler mit m = 0,05 nach einer Stichprobe von 10.000 Händen befürchten muß, ist damit imho gesagt. Ob wir hier aber tatsächlich einen Durchschnitt- oder winning Player haben, kann noch niemand beweisen (weder ich mit dem Signifikanztest noch der Spieler mit einer sample size von 10.000 Händen). Ob es einem Durchschnittsspieler auf Dauer gelingen kann, allein durch das Spiel gegen schlechtere Spieler Gewinne zu machen, ist eine ebenfalls noch unbewiesene These. Ich habe hier berechtigte Zweifel, weil ich davon ausgehe, dass es langfristig zuwenig Idioten gibt, wenn ich nicht unterstellen möchte, dass fast alle Pokerspieler Idioten sind und damit langfristig alle Verlierer sein werden.
Ich lasse mich jedenfalls nicht so einfach überzeugen, dass ich hier Unsinn rede, weil mir die Motivationen meiner Gegenspieler viel zu suspekt sind und ich kein Interesse habe, die Ungläubigen oder Zweifler (die eine Rechtfertigung für ihre idiotische Denkweise suchen) nach dem Motto "Yes we can" auf die falsche Spur zu bringen. Ich kann damit leben, zu glauben, dass man beim Poker langfristig nicht gewinnen kann. Ich will es auch deshalb glauben, weil ich keine Steuern für Pokergewinne bezahlen will (und weil ich beim Poker mit absoluter Sicherheit nicht nennenswert verlieren will oder werde). Wer sich das Gegenteil beweisen will, kann es - wie ich - versuchen, aber sollte dabei vermeiden, andere Leute für dumm zu verkaufen. Er muss - wie ich - mit seiner eigenen Dummheit klar kommen und muß sich im übrigen auch selbst helfen, keine Steuern zu zahlen, wenn er wider Erwarten viel gewinnen sollte und auch nach einem Signifikanztest in der von mir vorgestellten Form noch davon überzeugt ist, dass er ein echter long term winning Pokerspieler ist. Ich bin davon überzeugt, dass ich mir nie mit diesem Signifikanztest selbst beweisen kann, dass ich ein echter winning Pokerspieler sein kann. Damit fehlt mir die steuerlich relevante Gewinnerzielungsabsicht und ich habe ein Instrument, diese Behauptung zu beweisen. Das ist meine ehrliche Tatsachenfeststellung heute am 29.8.2008. Und ich hoffe, dass sich viele Pokerspieler mir anschließen und sich die gleiche Unschuldsvermutung zu Nutze machen - sowas hilft tatsächlich - auch vor einer Bestrafung. Punkt.
Wenn ein Finanzbeamter versucht, mit seiner Überzeugung eine neue Steuerquelle anzuzapfen oder das Gegenteil zu beweisen, dann wird er jedenfalls sein blaues Wunder erleben - genauso wie ich es hier in diesem Thread vorhersage. Es gibt bei Pokerspielern langfristig nichts zu besteuern, weil fast alle Spieler Verlierer sein werden. Damit ist alles gesagt, was es hier in diesem Thread zu sagen gibt. Kein Finanzamt wird es jemals gelingen, das Gegenteil zu beweisen - auch wenn sie es ohne Signifikanztest versuchen - oder andere Tatsachenfeststellungen für maßgeblich erachten. Genau wie für den Pokerspieler werden sich alle Spekulationen in diesem Zusammenhang auf Dauer, d.h. sehr langfristig, als reine Zeitverschwendung herausstellen.
Ich wünsche mir, dass Menschen, die eine andere Behauptung aufstellen, nach Ablauf einer bestimmten Zeitperiode öffentlich zur Rechenschaft gezogen werden und für falsche Behauptungen eine Strafe bezahlen müssen. Ich bin dazu bereit. Im übrigen weise ich darauf hin, dass auch die deskriptive Statistik im Zusammenspiel mit mathematischen Analysen in der Lage ist, noch erheblich bessere Aussagen über das Pokerspiel zu liefern. Man kann das Pokerspiel tatsächlich zerlegen, in unterschiedliche Schichten aufteilen und für Zwecke einer Gesamtanalyse wieder zusammenfügen. Man kann es für Analysezwecke auch vereinfachen und z.B. nur bestimmte Hände wie AA und KK betrachten. Solche Vereinfachungen kann man dann auch leicht mit dem Computer simulieren. Was dabei herauskommt, ist mir bereits jetzt klar. Trotzdem werden die Ergebnisse solcher Simualtionen einige winning Pokerspieler nicht überzeugen, weil sie immer an ihren nicht greifbaren und teilweise auch randomisierten Pokermarsch glauben - ähnlich wie einige Roulettespieler. Das wir hier relativ am Anfang einer Untersuchung stehen, ist nicht mein Problem, sondern ist wohl auf eine Reihe von Gründen zurückzuführen, die nicht ich zu verantworten habe. Im übrigen ist mir von vorneherein klar, dass sich vernünftige Menschen mit solch trivalen Problemen nicht auseinandersetzen. Sie erkennen das tatsächliche Problem intuitiv sofort und damit ist das Problem für sie abgehackt und erledigt.
Offensichtlich gibt es aber Leute, die uns folgendes weiss machen wollen: "Ihr alle könnt beim Poker Gewinner sein. Ihr müsst allerdings damit rechnen, dass dann das Finanzamt etwas von euch will, wenn Ihr alle gewinnt." LOL - vielleicht gewinne ich ja etwas, dann zahle ich vielleicht auch gerne Steuern - wenn das so einfach geht. Was die gleichen Leute aber verschweigen ist: "Du mußt mit Sicherheit eine Menge Abgaben leisten, wenn Du langfristig gewinnen willst. Du musst unendlich viel Rake bezahlen. Mit absoluter Sicherheit - egal ob Du gewinnst oder verlierst."
Last edited by McSeafield; 08-29-2008 at 11:44 PM.